Auf den Spuren des Fischotters

Auf den Spuren des Fischotters
Als eine der am stärksten bedrohten Tierarten in Europa gilt der Fischotter. Umso größer ist die Freude
bei Naturschützern auf Eiderstedt, dass hier wieder einige der schlanken Marder mit dem dichten braunen
Pelz unterwegs sind. Wo sie überall auf der Halbinsel zu finden sind, dass haben Volquart Hamkens und
Christina Thordsen im Februar und März untersucht. Sie waren im Auftrag des Landesjagdverbandes und
des Eiderstedter Naturschutzvereins auf Spurensuche. Alle fünf Jahre wird dieses Monitoring
vorgenommen, um zu sehen, wie sich der Bestand entwickelt.
Die geheimen Wege der Fischotter
Viele Jahrzehnte war der seltene und streng geschützte Fischotter aus Eiderstedt verschwunden. Seit dem
Ende des 19. Jahrhunderts war die Population in Schleswig-Holstein geschrumpft. Zunächst als
Fischräuber gejagt oder quasi als „Beifang“ in Reusen verendet, setzte dem Otter später die Zerstörung
seines Lebensraums zu. Ihm fehlten die Rückzugsorte, in denen er ungestört vom Menschen leben, jagen
und sein Nachwuchs aufziehen konnte. Seit den 1990er Jahren wandern nun vermehrt wieder Fischotter
von der Mecklenburgischen Seenplatte ein.
Doch nun ist er wieder da. Im Verlauf der vergangenen zwei Monate checkten Hamkens und Thordsen
insgesamt 29 sogenannte Anlaufpunkte auf der gesamten Halbinsel auf Fußspuren, Kot und Beutereste.
Diese Punkte liegen an Orten, die für den Fischotter attraktiv sind, wie Hamkens erklärt, der ein
wesentlicher Motor des Fischotter-Schutzes in Nordfriesland ist.
Es wurden also Bereiche an Wasserläufen und unter Brücken ausgewählt. „Im Gegensatz zur landläufigen
Meinung schwimmt der Fischotter gar nicht so viel, aber er läuft gerne an Gewässern entlang, um im
Notfall schnell ins Wasser flüchten zu können, und natürlich um zu jagen“, so Hamkens. In einem
bestimmten Umkreis um diesen Punkt wurde nun das Gelände nach Spuren untersucht, und, siehe da, an
19 dieser Punkte war der Fischotter vorbeigekommen.
Hamkens kennt die geheimen Wege des Fischotters gut, denn er ist sowieso alle sechs Wochen unterwegs,
um nach ihm zu fahnden. Nach seiner Erkenntnis und das hat das Monitoring bestätigt, ist das östliche
Eiderstedt und die angrenzende Südermarsch beim schlanken Marder als Revier am beliebtesten.
Besonders gerne halten sich Otter dabei offensichtlich am Rosenburger Deep auf, einem alten Arm der
Eider, nordöstlich von Witzwort. Da es keinen öffentlichen Zugang gibt und das Gewässer überwiegend
von Feldern umgeben ist, stört den Fischotter dort niemand.
Erstaunlicherweise hat der Marder nun den Weg nach Westen gesucht und gefunden: So entdeckten
Hamkens und Thordsen Spuren in Tating, St. Peter-Ording, im Katinger Watt und in Westerhever.
„Auch dort gibt es viele Sielzüge und Späthinge, an denen er sich gerne aufhält und wo er ungestört ist“,
so Hamkens. Späthinge sind ehemalige Erdnahmestellen für den Deichbau, die sich dann mit Wasser
füllten. Heute haben sich daraus kleine, mit Reet umstandene Naturparadiese entwickelt. Ideal für den
Otter.
Volquard Hamkens freut diese Entwicklung besonders, da sie zeigt, dass sich auf Eiderstedt eine
Population entwickelt, die dank des vor rund zehn Jahren von ihm mit Unterstützung des Eiderstedter
Naturschutzvereins, des Kreis Nordfriesland sowie des Deich- und Hauptsielverbandes Eiderstedt
gestarteten Korridor-Projektes Verbindungen zu den Populationen bis hinauf nach Dänemark hat.
Eine Straße wird zur Gefahr
Mit diesem Projekt sollte dem Fischotter geholfen werden, vom östlichen Eiderstedt zu den Flüssen
Treene und Eider zu gelangen, die ein wichtiges Habitat für ihn in Schleswig-Holstein sind.
Doch zwischen Eiderstedt und den Flüssen gibt es eine große Barriere: die B5. Als vor einigen Jahren
immer mehr überfahrene Fischotter auf ihr gefunden wurden, machte sich Hamkens dafür stark, an drei
Stellen Korridore zu bauen, sodass die Tiere die B5 gefahrlos unterqueren konnten. Ausgangspunkt der
Wanderstecke ist jeweils die Gegend rund um das Rosenburger Deep, das bei Fischottern auch als
Kinderstube anscheinend sehr beliebt ist, wie Hamkens berichtet. Er findet dort regelmäßig Haufen von
Muschelschalen. Die drei Korridore führen unter der B5 bei Husum in der Nähe der Abzweigung zur
alten B5, bei der Tankstelle Ingwershörn sowie in Höhe Koldenbüttel hindurch und werden vom
Fischotter gut angenommen. Sorgen machen Hamkens jetzt allerdings die bevorstehenden Bauarbeiten an
der B5. „Das wird er nicht mögen, das hatte sich schon bei den Rammarbeiten für die neuen Windräder in
der Sübermarsch gezeigt“, so Hamkens.
Korridore unter der Fahrbahn
Das zuständige Landesamt für Straßenbau und Verkehr habe zwar alle Unterstützung und auch die
Neuanlage von Otter-Korridoren unter der Fahrbahn zugesagt, „darüber freuen wir uns“, so Hamkens.

Aber bis es soweit ist, nehmen viele auch den direkten Weg über die Fahrbahn – mit schlimmen Folgen:
In Höhe der Voßkuhle hat Hamkens bereits drei tote Fischotter gefunden, die überfahren worden waren.


von Ilse Buchwald

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